Kolumne: FAZ Micheldorf - Initiative für die Zukunft

altIn seiner Kolumne "Franky´s Einwurf" informiert UEFA-A-Lizenz-Trainer Franz Hofer exklusiv auf unterhaus.at über aktuelle Themen rund um den Fußball. Der derzeitige Cheftrainer von Landesligist St. Martin greift dabei auch das eine oder andere heiße Eisen an und scheut sich auch nicht, den Finger in die Wunde zu legen. In seiner heutigen Kolumne beschäftigt sich der Professor für Mathematik und Sport mit dem Fußballausbildungszentrum Micheldorf, einer für Oberösterreich beispielhaften Initiative, wo vor allem auch der soziale Aspekt im Vordergrund steht.

Im Sommer 2010 wurde unter der Leitung von Neo-Präsident Hermann Hofmeister und Dietmar Waser der Fußballverein SV Grün-Weiss  Micheldorf als Gesamtverein - von der jüngsten Nachwuchsmannschaft über eine Damenabteilung bis hin zum regionalen Aushängeschild der Kampfmannschaft - neu ausgerichtet. Eine neue „Corporate Identity“ und das Fußballausbildungszentrum (FAZ) Micheldorf bilden die Basis dafür.

Am Anfang von etwas Außergewöhnlichem steht immer eine Vision bzw. ein Traum

Ein oberösterreichischer Fußballverein, der eine durchgängige Ausbildungsschiene hat und sich zugleich im Wandel der Zeit die sportliche Chance nutzend, aber auch der sozialen Verpflichtung stellend, Jugendliche im Erwachsen werden zu unterstützen – hört sich gut an! Es steht dabei nicht nur mehr der Sport, also das gewonnene Spiel im Mittelpunkt, sondern mindestens gleich wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, die persönliche Entwicklung basierend auf Erfahrungslernen, der Kinder- und Jugendlichen und damit der zukünftigen Menschen im Bezirk Kirchdorf.

Im Kerngebiet Kirchdorf-Micheldorf leben derzeit rund 25.000 Einwohner. In den Randgebieten Spital, Windischgarsten, Grünburg und Kremsmünster noch einmal 30.000 Menschen. Leider gibt es mittlerweile auch am Land diverse soziale Probleme. In Kirchdorf schätzt man die Zahl der drogenabhängigen, jungen Menschen im Alter von 16 bis 25 Jahren auf die erschreckende Zahl von fünfzig. Sport im Generellen und Fußball im Speziellen  sollten als starke Präventivmaßnahme  ins Auge gefasst werden. Psychologen begrüßen jegliche interessante Alternative, die wir Jugendlichen bieten, welche sie vom Konsum von Drogen jeglicher Art abhält. Ein großes Stiftungsprojekt samt Streetworker in Zusammenarbeit mit der Bezirkshauptmannschaft ist ein Ziel. Zudem haben Jugendliche, die in festen sozialen Gemeinschaften sich befinden und drei bis vier Mal pro Woche unter pädagogischer Anleitung und Aufsicht von ausgebildeten Trainern in Sachen Fußball unterwegs sind, kaum eine Chance zu verwahrlosen, um irgendwo auf der Straße herumzulungern.

Vollausbaustufe 2015

Man braucht  ja nicht das Rad neu zu erfinden, um erfolgreich FußballerInnen auszubilden. In diesem Sinne wurde basierend auf dem Perspektivplan des „österreichischen Weges“  ein auf die Situation in Micheldorf abgestimmtes fußballerisches Ausbildungskonzept entwickelt. Ziel ist es im Jahr 2015 eine funktionierende, erfolgsorientierte Fußballausbildung mit dem Hauptaugenmerk auf soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen etabliert zu haben. Die Nachwuchsabteilung bildet das Fundament der Kampfmannschaft, die weiterhin eine feste Größe in der höchsten oberösterreichischen Spielklasse sein soll, aber im Gegensatz zu früheren Jahren mit sehr viel mehr regionalen Fußballern. Der Verein sucht sich einen Trainer, der sich mit diesem Konzept zu 100 Prozent identifiziert und auch am Platz umsetzt. Mit „Wauki“ Waldhör haben die Verantwortlichen wohl einen guten Griff getan.

Thomas Winter, ehemaliger LASK- und FC Pasching-Jugendtrainer, bekleidet das Amt des Nachwuchsleiters. Er hat alle sportlichen und administrativen Agenden, ohne jedoch selbst eine Mannschaft trainieren zu müssen. Solch eine Konstellation verleiht durch eine gewisse Distanz oft einen klaren Blick auf inhaltliche Dinge. Derzeit trainieren 105 Kinder und Jugendliche in acht Nachwuchsmannschaften und einem Damenteam unter der Anleitung von 13 Trainern auf drei Fußballplätzen.

Unter dem Motto „ Fußball mit Herz und Hirn“ sollen die Kinder nach einem bestimmten Ausbildungsplan, also einem Lehrplan,  das "1 mal 1" des Fußballs lernen.  Besonderes Augenmerk wurde bei der Bestellung der Nachwuchstrainer auf ihre Ausbildung gelegt. Im Trainerstab von Grün-Weiß Micheldorf findet man derzeit zwei A-Lizenz, drei B- Lizenz, zwei staatlich  geprüfte Kindertrainer, zwei Sportlehrer und drei Betreuer mit dem Nachwuchstrainerschein. Das sportliche Vereinskonzept unterteilt sich  in ein Ausbildungs-, Trainings- und Spielkonzept. Das Ausbildungskonzept gibt vor, wann was gemacht werden soll. Beim Trainingskonzept stehen spezielle Schwerpunkte jedes Teams im Vordergrund. Jede Trainingseinheit wird dabei schriftlich dokumentiert und im Büro für alle anderen Nachwuchstrainer zugänglich, abgelegt. Die Mädchen und Burschen erhalten Ausbildungszeugnisse, welche den Trainingsfortschritt dokumentieren sollen. Das Spielkonzept geht von einem aktiven, ballbesitzenden Stil aus. Ballorientiertes Handeln ab der U-14 und Positions- und Individualtraining ab der U-16 Mannschaft sind wichtige Eckpfeiler dieses Systems. Die 1B-Mannschaft, welche ausschließlich aus jungen Eigenbauspielern besteht und den hervorragenden dritten Platz in der 1. Klasse Ost erreichte, bildet die oberste Ausbildungsstufe im Nachwuchs, also dass „missing link“ zum Erwachsenenfußball.

Eine sich im Aufbau befindliche sportmedizinische Abteilung und eine sportwissenschaftliche Leistungssteuerung werden gerade installiert. Der Verhaltenscodex „Cool und Fair“, welcher  das persönliche Miteinander von Spielern, Trainern, Funktionären und Eltern regelt, muss schon den ersten Bewährungsproben standhalten. Elternabende, Sozialevents, Trainerfortbildungen und Schulkooperationen runden derzeit das Programm ab.  Ein Patenschaftsmodell  bei dem jeweils zwei Kampfmannschaftsspieler Trainings- und Wettkampfbesuche bei  einer Nachwuchsmannschaft absolvieren, ist momentan gerade das große Highlight bei den Kindern.

Die neuen Verantwortlichen des  SV Grün-Weiß Micheldorf haben die Zeichen der Zeit wohl auch als Chance erkannt, um mit dem FAZ Micheldorf die Weichen für eine positive Zukunft in dieser Region  zu stellen.  Viel Energie, Arbeit, Enthusiasmus, Geld, aber auch Ehrenamtlichkeit wird noch notwendig sein, um schlussendlich positiv zu reüssieren.  Bis jetzt hat man in Micheldorf dem Reden  in kurzer Zeit relativ viele Taten folgen lassen. Verfolgen wir gespannt eine wohl für Oberösterreich beispielhaften Initiative in Sachen Fußball. Ich wünsche im Sinne der vielen Nachwuchskicker ein gutes Gelingen.


Franz Hofer

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